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Die Emigration der Spätaufklärer aus Österreich, um 1808 - Teil 3

Zwei weitere der genannten Emigranten, Johann Georg Wiedemann und Franz Xaver Huber waren an gegen die österreichische Regierungspolitik gerichteten Zeitungsprojekten beteiligt: Ersterer war Redakteur der während der Besatzung von 1809 unter französischer Aufsicht erscheinenden Wiener Zeitung1, Franz Xaver Huber, der bereits seit der Regierungszeit Joseph II. gegen die feudale Opposition publizistisch gekämpft hatte, gab 1809 gemeinsam mit dem bayrischen Hofbibliothekar und Schriftsteller Johann Christoph Freiherr von Aretin die von Bayern aus lancierte Zeitschrift Der Morgenbote heraus2, in der der von österreichischen Politikern begonnene Krieg gegen Napoleon als Krieg der Barbarei des Mittelalters gegen die hellen Begriffe des neuen Jahrhunderts, als Krieg der Dummheit und des Übelwollens gegen den Verstand und die Philantropie bezeichnet wurde.3 Friedrich Ludwig Lindner wiederum arbeitete während seiner zeitweisen Wienaufenthalte unter anderem an dem von Joseph von Schreyvogel herausgegebenen Sonntagsblatt mit und wurde gemeinsam mit anderen Mitarbeitern des Sonntagsblatts der Kollaboration mit den französischen Truppen während der Besatzung von 1809 verdächtigt.4 Der ungarische Literat Johann Batsányi, der bereits wegen Teilnahme an der "Jakobinerverschwörung" von Ignaz Joseph von Martinovics zwei Jahre im Spielberger Gefängnis verbringen hatte müssen, hatte 1805 die Schriftstellerin Gabriele von Baumberg geheiratet und war 1809 nach Paris geflüchtet, weil er - vermutlich zu Unrecht - beschuldigt wurde, eine napoleonische Proklamation ins Ungarische übersetzt zu haben; 1815 in Paris verhaftet und nach Österreich ausgeliefert, wurde er nach Linz verbannt.5 Im Gegensatz zu Batsányi kehrte der Statistiker Johann Andreas von Demian in den folgenden Jahrzehnten nicht mehr nach Österreich zurück; in den Rezensionszeitschriften schon vor seiner Auswanderung wegen seiner oft fehlerhaften Kompilationen kritisiert, blieb auch in Wien nicht unbeachtet, dass er in einem 1810 erschienenen Artikel die Auffassung vertrat, die österreichische Monarchie sei in den Vorurteilen des Mittelalters befangen.6

1 Wagner, Karl: Die Wiener Zeitungen und Zeitschriften der Jahre 1808 und 1809, in: Archiv für Österreichische Geschichte 104 (1915) S. 197-401, hier 285 f.; Wurm, Alfred: Die amtliche Pressepolitik während der napoleonischen Besetzung Wiens 1805/09 (An Hand der k. k. privilegierten Wiener Zeitung). Dissertation Universität Wien 1947, S. 89 f.
2 Wagner, Wiener Zeitungen, S. 316-382; Bodi, Leslie: Tauwetter in Wien. Zur Prosa der österreichischen Aufklärung 1781 - 1795. Wien/Köln/Weimar 21995, u. a. S. 296-311, 403-405.
3 Zit. nach Wagner, Zeitungen, S. 359.
4 Ebd., S. 318-320; Allgemeine Deutsche Bibliographie. Leipzig 1875-1912. Bd. 18. Leipzig 1883, S. 703 f.
5 Zu Batsányi (alternativ auch János Bacsány) vgl. Farkas, Margarethe: Gabriele Batsányi geb. Baumberg. Ihr Leben und dichterisches Schaffen. Dissertation Universität Wien 1949, S. 7-15, die neben Briefen u. a. einen Artikel Wertheimers in der Neuen Freien Presse von 1884 (Nr.7194) heranzieht.
6 Zu Demian: Czikann, Johann Jacob Heinrich / Gräffer, Franz (Hrsg.): Oesterreichische National-Encyklopädie. Wien 1835-1837, Bd.1, S. 694 f.; Wurzbach Ritter von Tannenberg, Constantin: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich (=Wurzbach) Wien [u. a.] 1856-1891, Bd.3, S. 235-237; Rezension der Zeitschrift Europäische Annales in: Annalen der Literatur und Kunst des In- und Auslandes, Dezember 1810, S. 490.

Mehr zum Thema: Aspalter, Christian/Tantner, Anton: Ironieverlust und verleugnete Rezeption: Kontroversen um Romantik in Wiener Zeitschriften, in: Aspalter, Christian/Müller-Funk, Wolfgang/Saurer, Edith/Schmidt-Dengler, Wendelin/Tantner, Anton (Hg.): Paradoxien der Romantik. Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft in Wien im frühen 19. Jahrhundert. Wien, Wiener Universitätsverlag, 2006 im Erscheinen, S. 47-120.