Die Hausbeschreibungen in den Hofquartiersbüchern, Wien 1563-1567
Die Rolle Wiens als kaiserliche Residenzstadt führte bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Erstellung von Verzeichnissen, die alle Häuser der Stadt erfassten, ganz gleich ob sich diese im adligen, geistlichen oder bürgerlichen Besitz befanden. Diese so genannten „Hofquartierbücher“ hatten den Zweck, den mit der Unterbringung des Hofgesindes beauftragten Hofquartiermeister bei seiner Arbeit zu unterstützen. Die Räumlichkeiten der Hofburg reichten keineswegs dazu aus, den Hofstaat aufzunehmen, weswegen anderweitige Quartiere gesucht werden mussten. Die adligen Freihäuser sowie die geistlichen Gebäude waren von der Quartierspflicht befreit, und somit waren es die bürgerlichen Häuser, in denen die betreffenden Personen einquartiert wurden. (1)
Das älteste erhaltene dieser Hofquartiersbücher datiert aus dem Jahr 1563; betitelt ist es als Beschreibung der ganczen stat Wienn. Seine Erstellung scheint relativ schnell erfolgt zu sein: Am 20. März 1563 begonnen, war es bereits am 1. April vollendet; verblüffend, handelt es sich dabei doch um eine recht detaillierte Beschreibung der inneren Raumverhältnisse der einzelnen Häuser, z.B. in der Form: Doctor Lacz für sich vnd sein gesindt 3 stuben, 1 stübl, 1 camer, 1 kuchl, 1 keller. | Sein muetter 1 stuben. | Ein leczeltter 1 stuben, 2 camer, (stall auf) 3 phert, 1 kuchl. | Ein vischerin sambt irem sohn, so ein cannczleischreiber, 1 stuben, 1 camer. | 1 formschneider 1 stuben, 2 camer, 1 kuchl. | Zuerkanntnuss: Ettwas für hoffgesindt. (2) - Der Zielsetzung gemäß richtete diese Beschreibung demnach ihr Augenmerk nicht auf die Erfassung der in den Häusern lebenden Personen, sondern auf etwaige zur Einquartierung des Hofgesindes verwendbare Zimmer; auf Grundlage des Verzeichnisses konnte bestimmt werden, wo noch Platz für diesen Zweck vorhanden war.
Die BürgerInnen Wiens zeigten sich allerdings keineswegs einverstanden damit, Angehörige des Hofs bei sich aufzunehmen; wie aus einem drei Jahre nach dieser Beschreibung verfassten Schriftstück hervorgeht, setzten sie sich dagegen zur Wehr. [N]icht ohne befrembdung mußte demnach Kaiser Maximilian II. feststellen, dass sich vnnsere burger der Hofquartierspflicht wo sy nur khönden vnnd mögen, entschlagen vnnd verwidern: Sie verleugneten die Zimmer, versperrten oder vermauerten sie gar und entfernten die Öfen und Fenster. Aus diesem Grund wurde eine neuerliche Beschreibung für nötig gehalten, die von Kommissaren gemeinsam mit Abgeordneten des Stadtrats durchgeführt wurde. (3)
Das nunmehr erstellte Verzeichnis - datiert mit 1567 - war wesentlich detaillierter als das vorangegangene und unterschied sich davon auch durch die Art und Weise, wie es die Häuser identifizierte: Während das Verzeichnis von 1563 die Häuser nur nach der Lage in der jeweiligen Gasse, nach dem Hausschild und dem Besitzer identifizierte, (4) wurden die Häuser nunmehr durchnummeriert: [D]em numero nach wurden sie darin angeführt, bei der Hofburg (Palatium) mit 1 beginnend und beim Haus des Hanns Hartman, prandtweiner mit der Nummer 1205 im Sauwinkel endend. (5) Es handelt sich damit um das früheste bekannte Verzeichnis, in dem den Häusern Wiens eine durchgehende Reihe von Zahlen zugeordnet wurde. Auch die in den folgenden Jahrzehnten angefertigten Hofquartiersbücher (6) enthalten diese „Hausnummern“; an den Häusern selbst wurden sie jedoch nicht angebracht, (7) und sie wurden auch nicht für andere Zwecke der Verwaltung, wie z.B. für die Identifizierung der Häuser in den Grundbüchern, herangezogen. (8)
(1) Birk, Ernst: Materialien zur Topographie der Stadt Wien in den Jahren 1563 bis 1587, in: Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Verein zu Wien, 10.1869, S. 79-164, hier 82f.; allgemein zum Hofquartierwesen: Kallbrunner, Josef: Das Wiener Hofquartierwesen und die Maßnahmen gegen die Quartiersnot im 17. und 18. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, 5.1925, S. 24-36.
(2) Birk, Materialien, S. 83f.
(3) Ebenda, S. 84f.
(4) Müller, Richard: Wiens räumliche Entwicklung und topographische Benennungen 1522-1740, in: Alterthumsverein zu Wien (Hg.): Geschichte der Stadt Wien. Bd. 4. Wien: Holzhausen, 1911, S. 283-410, hier 360.
(5) Birk, Materialien, S. 86, 98, 162.
(6) Aus dem 17. Jahrhundert sind 5, aus dem 18. Jahrhundert eines von 1740 überliefert. Perger, Richard: Hofquartierwesen, in: Czeike, Felix (Hg.): Historisches Lexikon Wien in fünf Bänden. Bd. 3. Wien: Kremayr & Scheriau, 1994, S. 238.
(7) Birk, Materialien, S. 86.
(8) Fajkmajer, Karl: Verfassung und Verwaltung, in: Alterthumsverein zu Wien (Hg.): Geschichte der Stadt Wien. Bd. 5. Wien: Verlag des Alterthums-Vereines zu Wien, 1914, S. 100-159, hier 155, Anm. 5.
Das älteste erhaltene dieser Hofquartiersbücher datiert aus dem Jahr 1563; betitelt ist es als Beschreibung der ganczen stat Wienn. Seine Erstellung scheint relativ schnell erfolgt zu sein: Am 20. März 1563 begonnen, war es bereits am 1. April vollendet; verblüffend, handelt es sich dabei doch um eine recht detaillierte Beschreibung der inneren Raumverhältnisse der einzelnen Häuser, z.B. in der Form: Doctor Lacz für sich vnd sein gesindt 3 stuben, 1 stübl, 1 camer, 1 kuchl, 1 keller. | Sein muetter 1 stuben. | Ein leczeltter 1 stuben, 2 camer, (stall auf) 3 phert, 1 kuchl. | Ein vischerin sambt irem sohn, so ein cannczleischreiber, 1 stuben, 1 camer. | 1 formschneider 1 stuben, 2 camer, 1 kuchl. | Zuerkanntnuss: Ettwas für hoffgesindt. (2) - Der Zielsetzung gemäß richtete diese Beschreibung demnach ihr Augenmerk nicht auf die Erfassung der in den Häusern lebenden Personen, sondern auf etwaige zur Einquartierung des Hofgesindes verwendbare Zimmer; auf Grundlage des Verzeichnisses konnte bestimmt werden, wo noch Platz für diesen Zweck vorhanden war.
Die BürgerInnen Wiens zeigten sich allerdings keineswegs einverstanden damit, Angehörige des Hofs bei sich aufzunehmen; wie aus einem drei Jahre nach dieser Beschreibung verfassten Schriftstück hervorgeht, setzten sie sich dagegen zur Wehr. [N]icht ohne befrembdung mußte demnach Kaiser Maximilian II. feststellen, dass sich vnnsere burger der Hofquartierspflicht wo sy nur khönden vnnd mögen, entschlagen vnnd verwidern: Sie verleugneten die Zimmer, versperrten oder vermauerten sie gar und entfernten die Öfen und Fenster. Aus diesem Grund wurde eine neuerliche Beschreibung für nötig gehalten, die von Kommissaren gemeinsam mit Abgeordneten des Stadtrats durchgeführt wurde. (3)
Das nunmehr erstellte Verzeichnis - datiert mit 1567 - war wesentlich detaillierter als das vorangegangene und unterschied sich davon auch durch die Art und Weise, wie es die Häuser identifizierte: Während das Verzeichnis von 1563 die Häuser nur nach der Lage in der jeweiligen Gasse, nach dem Hausschild und dem Besitzer identifizierte, (4) wurden die Häuser nunmehr durchnummeriert: [D]em numero nach wurden sie darin angeführt, bei der Hofburg (Palatium) mit 1 beginnend und beim Haus des Hanns Hartman, prandtweiner mit der Nummer 1205 im Sauwinkel endend. (5) Es handelt sich damit um das früheste bekannte Verzeichnis, in dem den Häusern Wiens eine durchgehende Reihe von Zahlen zugeordnet wurde. Auch die in den folgenden Jahrzehnten angefertigten Hofquartiersbücher (6) enthalten diese „Hausnummern“; an den Häusern selbst wurden sie jedoch nicht angebracht, (7) und sie wurden auch nicht für andere Zwecke der Verwaltung, wie z.B. für die Identifizierung der Häuser in den Grundbüchern, herangezogen. (8)
(1) Birk, Ernst: Materialien zur Topographie der Stadt Wien in den Jahren 1563 bis 1587, in: Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Verein zu Wien, 10.1869, S. 79-164, hier 82f.; allgemein zum Hofquartierwesen: Kallbrunner, Josef: Das Wiener Hofquartierwesen und die Maßnahmen gegen die Quartiersnot im 17. und 18. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, 5.1925, S. 24-36.
(2) Birk, Materialien, S. 83f.
(3) Ebenda, S. 84f.
(4) Müller, Richard: Wiens räumliche Entwicklung und topographische Benennungen 1522-1740, in: Alterthumsverein zu Wien (Hg.): Geschichte der Stadt Wien. Bd. 4. Wien: Holzhausen, 1911, S. 283-410, hier 360.
(5) Birk, Materialien, S. 86, 98, 162.
(6) Aus dem 17. Jahrhundert sind 5, aus dem 18. Jahrhundert eines von 1740 überliefert. Perger, Richard: Hofquartierwesen, in: Czeike, Felix (Hg.): Historisches Lexikon Wien in fünf Bänden. Bd. 3. Wien: Kremayr & Scheriau, 1994, S. 238.
(7) Birk, Materialien, S. 86.
(8) Fajkmajer, Karl: Verfassung und Verwaltung, in: Alterthumsverein zu Wien (Hg.): Geschichte der Stadt Wien. Bd. 5. Wien: Verlag des Alterthums-Vereines zu Wien, 1914, S. 100-159, hier 155, Anm. 5.
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Hausnummerierung - So, 27. Aug. 2006, 13:55