Aus dem Recherchealltag eines Hausnummernforschers: Per Ego-Googling stieß ich auf der Homepage des Ingenieurbüros
LKG auf einen Artikel zum Thema Hausnummer, der keine Kopie des
Wikipedia-Eintrags ist, sondern ein anscheinend eigenständiger Beitrag; als Autorin wird Anja Benndorf genannt. Da im Artikel die Arbeit eines gewissen Franz Simmerding erwähnt wurde, die ich bislang nicht kannte, wurde ich neugierig. Leider enthielten die einschlägigen Literaturdatenbanken keine Artikel dieses Autors zur Hausnummerierung, also mailte ich die Mitarbeiter von LKG an, um sie um die E-Mail-Adresse von Benndorf zu bitten. Nach einiger Zeit erhielt ich von dort die Antwort, dass der entsprechende Beitrag der Tageszeitung
Die Rheinpfalz entnommen sei und ich mich von wegen Anja Benndorf dorthin wenden müsste. Und tatsächlich, im (kostenpflichtigen) Onlinearchiv der
Rheinpfalz fand ich den Artikel, datiert mit 30. Mai 2006; da Benndorfs E-Mail-Adresse nicht angegeben war, mailte ich die Redaktion an, und nach einiger Zeit meldete sich Benndorf, die mir in der Folge auch die bibliographischen Angaben mitteilen konnte:
Simmerding, Franz: Die Hausnummer im Einwohner- und Katasterwesen, in: Bayerische Verwaltungsblätter, 10/1978, S. 296-298.
Per
Subito konnte ich mir den Artikel nun auch bestellen; interessant daran ist, dass Simmerding das Buch von Jeanne Pronteau zur Hausnummerierung in Paris kannte und auch sonst versucht, der Hausnummerierung in verschiedenen deutschen Städten nachzugehen. U.a. erwähnt er, dass in München die Häuser bereits 1762 nummeriert wurden; am bayerischen Land wurde die Nummerierung erst 1808, in Zusammenhang mit der Einhebung der Grundsteuer, eingeführt.
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Hausnummerierung - Mi, 20. Sep. 2006, 10:03
Walter Benjamin zitiert in seinem Passagenwerk (Gesammelte Schriften Bd.V, S.297) eine Hausnummernstelle aus Balzacs Modeste Mignon. Dort weist der Romancier darauf hin, dass in der modernen Zivilisation mit ihrem Arsenal an Kontrolltechniken kaum mehr Platz für Anonymität ist; alles wird gezählt, gemessen, gestempelt, so dass auch die unbekannte Briefschreiberin Gefahr läuft, erkannt zu werden:
Versucht es nur, unbekannt zu bleiben, ihr armen Frauen Frankreichs, den kleinsten Roman anzuspinnen inmitten einer Zivilisation, welche auf den Märkten die Stunde der Abfahrt und der Ankunft der Kutschen anschlägt, die Briefe zählt, sie doppelt stempelt im gleichen Augenblick, da sie in den Kasten geworfen und wenn sie ausgestragen werden, welche die Häuser mit Nummern versieht, in den Steuerregistern die Wohnungen verzeichnet und bald ihr ganzes Gebiet in seinen letzten Parzellen, mit seinen kleinsten Strichen, auf den weiten Blättern des Katasters – ein Riesenwerk von einem Riesen gelenkt – beherrschen wird! Versucht es, unkluge Mädchen, euch nicht dem Auge der Polizei, sondern dem beständigen Geklatsche zu entziehen, das im entlegensten Flecken die belanglosesten Handlungen untersucht, die Dessertplatten bei dem Präfekten zählt und die Melonenscheiben sieht, die dem kleinen Rentner ins Haus gebracht werden, das den Klang des Goldes in dem Augenblick hören möchte, wo es die sparsame Hand dem Schatze beifügt, und jeden Abend am Ofenwinkel die Vermögen des Kantons, der Stadt, des Departements zählt!
Balzac, Honoré de: Modeste Mignon. Hamburg: Rowohlt, 1953, S. 100f.
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Hausnummerierung - So, 17. Sep. 2006, 12:22
Josef Holzapfel hat sich auf der
Plattform Ober St. Veit ausgehend u.a. von meiner Dissertation mit der Hausnummerierung in St. Veit - heute ein Bestandteil des 13. Wiener Gemeindebezriks - beschäftigt und zeichnet u.a. den Weg nach, den 1770/71 die Konskriptionskommissare durch das Dorf gingen, um die Häuser zu nummerieren und die
Seelen zu verzeichnen.
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Hausnummerierung - Sa, 16. Sep. 2006, 11:15
Die Rolle Wiens als kaiserliche Residenzstadt führte bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Erstellung von Verzeichnissen, die alle Häuser der Stadt erfassten, ganz gleich ob sich diese im adligen, geistlichen oder bürgerlichen Besitz befanden. Diese so genannten „Hofquartierbücher“ hatten den Zweck, den mit der Unterbringung des Hofgesindes beauftragten Hofquartiermeister bei seiner Arbeit zu unterstützen. Die Räumlichkeiten der Hofburg reichten keineswegs dazu aus, den Hofstaat aufzunehmen, weswegen anderweitige Quartiere gesucht werden mussten. Die adligen Freihäuser sowie die geistlichen Gebäude waren von der Quartierspflicht befreit, und somit waren es die bürgerlichen Häuser, in denen die betreffenden Personen einquartiert wurden. (1)
Das älteste erhaltene dieser Hofquartiersbücher datiert aus dem Jahr 1563; betitelt ist es als Beschreibung der ganczen stat Wienn. Seine Erstellung scheint relativ schnell erfolgt zu sein: Am 20. März 1563 begonnen, war es bereits am 1. April vollendet; verblüffend, handelt es sich dabei doch um eine recht detaillierte Beschreibung der inneren Raumverhältnisse der einzelnen Häuser, z.B. in der Form: Doctor Lacz für sich vnd sein gesindt 3 stuben, 1 stübl, 1 camer, 1 kuchl, 1 keller. | Sein muetter 1 stuben. | Ein leczeltter 1 stuben, 2 camer, (stall auf) 3 phert, 1 kuchl. | Ein vischerin sambt irem sohn, so ein cannczleischreiber, 1 stuben, 1 camer. | 1 formschneider 1 stuben, 2 camer, 1 kuchl. | Zuerkanntnuss: Ettwas für hoffgesindt. (2) - Der Zielsetzung gemäß richtete diese Beschreibung demnach ihr Augenmerk nicht auf die Erfassung der in den Häusern lebenden Personen, sondern auf etwaige zur Einquartierung des Hofgesindes verwendbare Zimmer; auf Grundlage des Verzeichnisses konnte bestimmt werden, wo noch Platz für diesen Zweck vorhanden war.
Die BürgerInnen Wiens zeigten sich allerdings keineswegs einverstanden damit, Angehörige des Hofs bei sich aufzunehmen; wie aus einem drei Jahre nach dieser Beschreibung verfassten Schriftstück hervorgeht, setzten sie sich dagegen zur Wehr. [N]icht ohne befrembdung mußte demnach Kaiser Maximilian II. feststellen, dass sich vnnsere burger der Hofquartierspflicht wo sy nur khönden vnnd mögen, entschlagen vnnd verwidern: Sie verleugneten die Zimmer, versperrten oder vermauerten sie gar und entfernten die Öfen und Fenster. Aus diesem Grund wurde eine neuerliche Beschreibung für nötig gehalten, die von Kommissaren gemeinsam mit Abgeordneten des Stadtrats durchgeführt wurde. (3)
Das nunmehr erstellte Verzeichnis - datiert mit 1567 - war wesentlich detaillierter als das vorangegangene und unterschied sich davon auch durch die Art und Weise, wie es die Häuser identifizierte: Während das Verzeichnis von 1563 die Häuser nur nach der Lage in der jeweiligen Gasse, nach dem Hausschild und dem Besitzer identifizierte, (4) wurden die Häuser nunmehr durchnummeriert: [D]em numero nach wurden sie darin angeführt, bei der Hofburg (Palatium) mit 1 beginnend und beim Haus des Hanns Hartman, prandtweiner mit der Nummer 1205 im Sauwinkel endend. (5) Es handelt sich damit um das früheste bekannte Verzeichnis, in dem den Häusern Wiens eine durchgehende Reihe von Zahlen zugeordnet wurde. Auch die in den folgenden Jahrzehnten angefertigten Hofquartiersbücher (6) enthalten diese „Hausnummern“; an den Häusern selbst wurden sie jedoch nicht angebracht, (7) und sie wurden auch nicht für andere Zwecke der Verwaltung, wie z.B. für die Identifizierung der Häuser in den Grundbüchern, herangezogen. (8)
(1) Birk, Ernst: Materialien zur Topographie der Stadt Wien in den Jahren 1563 bis 1587, in: Berichte und Mittheilungen des Alterthums-Verein zu Wien, 10.1869, S. 79-164, hier 82f.; allgemein zum Hofquartierwesen: Kallbrunner, Josef: Das Wiener Hofquartierwesen und die Maßnahmen gegen die Quartiersnot im 17. und 18. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Wien, 5.1925, S. 24-36.
(2) Birk, Materialien, S. 83f.
(3) Ebenda, S. 84f.
(4) Müller, Richard: Wiens räumliche Entwicklung und topographische Benennungen 1522-1740, in: Alterthumsverein zu Wien (Hg.): Geschichte der Stadt Wien. Bd. 4. Wien: Holzhausen, 1911, S. 283-410, hier 360.
(5) Birk, Materialien, S. 86, 98, 162.
(6) Aus dem 17. Jahrhundert sind 5, aus dem 18. Jahrhundert eines von 1740 überliefert. Perger, Richard: Hofquartierwesen, in: Czeike, Felix (Hg.): Historisches Lexikon Wien in fünf Bänden. Bd. 3. Wien: Kremayr & Scheriau, 1994, S. 238.
(7) Birk, Materialien, S. 86.
(8) Fajkmajer, Karl: Verfassung und Verwaltung, in: Alterthumsverein zu Wien (Hg.): Geschichte der Stadt Wien. Bd. 5. Wien: Verlag des Alterthums-Vereines zu Wien, 1914, S. 100-159, hier 155, Anm. 5.
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Hausnummerierung - So, 27. Aug. 2006, 13:55
1753 wird von seiten der habsburgischen Zentralbehörden vorgeschlagen, in Wien eine Seelenbeschreibung durchzuführen. Im Zuge dieser Diskussionen wird auch vorgeschlagen, die Hausnummerierung einzuführen: Zur
leichteren Besorgung der aufwändigen Beschreibung sollen
alle Häuser in und vor der Stadt sichtlich ober den Fenster des ersten Stoks nummeriert werden,
damit ohne lange Nachsprach, wo diese oder jene zu wissen nöthig habende Persohn wohne, jedermann
durch den auf dem Beschreibungs-Zettul anmerkenden numerum (...) gleich aufgesuchet werden könne. Gewiss, der Argwohn der
boshafte[n] Volckmenge gegen die Neuerung wird befürchtet; um diesen zu entkräften, ist Aufklärung vonnöten: Mit
guter Art ist den misstrauischen Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern begreiflich zu machen, dass die Maßnahme der Hausnummerierung
blos allein zu besserer Ausf{in}digmachung derer verdächti{g} liederlich und gefährl[ich] Leu{ten} abgeziellet seye. (1) Ihnen ist kundzutun,
daß dieses lediglich zu beybehaltung der ruhe, und Sicherheit beschehe und dass dadurch die Stadt
rein gehalten werden solle von
sich einschleichende gefahrliche, oder verdächtige Leute. (2) - Die Einführung der Hausnummerierung soll demnach als Mittel zur Verbrechensbekämpfung angepriesen werden, ein Argument, dass die Einführung neuer Kontrolltechniken oft begleitet; der Wiener Versuch von 1753, Hausnummern einzuführen, kann damit in Zusammenhang zur Einführung der Hausnummerierung in München 1770 gesehen werden: Dort wird die Nummerierung als Teil der gegen BettlerInnen und VagantInnen gerichteten Maßnahmen eingeführt. (3)
Die Überlegungen zur praktischen Umsetzung sind schon recht fortgeschritten: Die Hauseigentümer sollen dazu verpflichtet werden, jeweils auf eigene Kosten eine Blechtafel in der Höhe und Breite von je einem halben Schuh anzuschaffen;
damit der Glanz bey dem Sonnenschein nicht blende, müsse diese grundiert werden. Auch die Länge der darauf zu schreibenden
schwarze[n] Zifer wird angegeben: Vier Zoll soll sie betragen. Präzisiert wird auch der Anbringungsort der Tafeln: Sie wären bei Häusern mit großen Toren
mitten ober dem Thor zu befestigen, bei Häusern mit kleinen Türen
in der Mitte der Breite unter dem Fenster des Ersten Stocks.
Eigens betont wird, dass die Freihäuser nicht von der Nummerierung auszunehmen sind, Kirchen aber sehr wohl; sollte der päpstliche Nuntius Einwände gegen eine Hausnummer haben, so könnte die Nuntiatur als einziges Haus unnummeriert bleiben. Verschiedenerlei Bedenken gegen die Nummerierung äußert der Wiener Magistrat: Sie würde
zur Unzierde der Stadt gereichen, und es würden
verschiedene Irrungen entstehen, da
jene Häuser, wo mehrere in eines zusammengebauet worden seynd mit mehreren zahlen bezeichnet werden müss[t]en. (4)
Seitens des Directoriums werden die Bedenken wider die Nummerierung zunächst verworfen, dann aber doch ernst genommen: Es sei
alles ungleiche Aufsehen in publico zu vermeiden, auch könnten die ausländischen Botschafter Anstand an der Nummerierung nehmen, weswegen die
sichtbare Hausnummerierung nicht ratsam sei: Nur in den über die Häuser zu führenden Protokollen könne eine solche Nummer eingefügt werden; (5) das Projekt der Hausnummerierung wird damit im März 1754 ad acta gelegt. (6)
(1) Österreichisches Staatsarchiv/Allgemeines Verwaltungsarchiv (AVA), Bestand Hofkanzlei, III A 4 Niederösterreich, Kt. 375, 56 ex Mai 1753: Instruktion für die niederösterreichische Repräsentation und Kammer, 10.5.1753, geschwungene Klammern zeigen Brandverluste an, der Text darin ist nach Bibl, Viktor: Die Wiener Polizei. Eine kulturhistorische Studie. Leipzig/Wien/NewYork: Stein-Verlag, 1927., S. 205 ergänzt.
(2) AVA, Hofkanzlei, IV M 1 Niederösterreich, Kt. 1326, 23 ex März 1754: Protokoll in Austriacis Publicis et Politicis, 21.11.1753, f. 17r-v.
(3) Schattenhofer, Michael: Bettler, Vaganten und Hausnummern, in: Oberbayerisches Archiv, 109, 1/1984, S. 173-175.
(4) AVA, Hofkanzlei, IV M 1 Niederösterreich, Kt. 1326, 23 ex März 1754: Protokoll in Austriacis Publicis et Politicis, 21.11.1753, f. 15r-17r.
(5) AVA, Hofkanzlei, IV M 1 Niederösterreich, Kt. 1326, 23 ex März 1754: Protocollum Commissionis habitae, 4.2.1754, f. 23r; die dazugehörige ah Resolution (f. 27v): placet.
(6) AVA, Hofkanzlei, IV M 1 Niederösterreich, Kt. 1326, 23 ex März 1754: Hofdekret an niederösterreichische Repräsentation und Kammer, 2.3.1754, f. 30v (Einfügung: ohne jedoch dabey einig weitere numerirung vorzunehmen; Bibl, Polizei, S. 203-205 erwähnt diese Rücknahme der Hausnummerierung nicht.
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Hausnummerierung - Mo, 21. Aug. 2006, 09:05
Es gibt immer noch etliche Ortschaften, in denen die (straßenweise) Orientierungsnummerierung noch nicht eingeführt ist; ein Beispiel dafür ist das schweizerische Buchberg, in dem ab Oktober die neue Hausnummerierung umgesetzt wird, wie das
Bülacher Tagblatt berichtet.
Man habe das ganze Projekt anfänglich unterschätzt erklärte der Gemeindepräsident. Die alten, ortschaftsweisen Hausnummern waren von der Gebäudeversicherung vergeben worden und wurden als
Assekuranznummern bezeichnet.
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Hausnummerierung - Do, 17. Aug. 2006, 08:57
Der Schilderfabrikant Michael Winkler konzipierte das 1862 in Wien eingeführte und in modifizierter Form bis heute gültige Hausnummern- und Straßenbeschriftungssystem; auf Grund der Recherchen von
Gudrun Behrmann-Zell scheinen die im Historischen Lexikon der Stadt Wien (Hg. Felix Czeike, Bd.5, S.662) veröffentlichten Geburts- und Sterbedaten zu korrigieren zu sein: So wurde Winkler wahrscheinlich nicht 1823 in Wolkersdorf, sondern am 17.7.1822 im mährischen Místek geboren. Weiters ist belegt, dass Winkler 1858 in Gumpendorf 583 (=Millergasse 42-44) wohnte und sich seine 1845 gegründete Fabrik 1912 in der Löhrgasse (vormals Michaelergasse) 17, 1150 Wien befand. Winkler starb am 20.4.1898 in Wien (Mariahilferstraße 118) und ist am Zentralfriedhof begraben.
Winkler, Michael: Winkler's Orientirungs-Plan der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien mit ihren acht umliegenden Vorstadt-Bezirken. Wien: Selbstverlag, 1863.
Wohlrab, Hertha/Czeike, Felix: Die Wiener Häusernummern und Straßentafeln, in: Wiener Geschichtsblätter, 27.1972, S. 333–352.
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Hausnummerierung - Mi, 28. Jun. 2006, 10:26
Einen der ersten Versuche einer Klassifikation der unterschiedlichen Hausnummernsysteme hat um 1860 Ch. Merruau unternommen, der damit auch gleich als Begründer der vergleichenden Hausnummernforschung angesehen werden kann ;-)
Merruau unterscheidet fünf verschiedene Systeme (vgl. dazu auch meinen
Klassifikationsversuch; ich habe vier Systeme unterschieden, weil ich die strassenweise Nummerierung nicht näher aufgedröselt habe):
1.) Die ortschaftsweise Durchnummerierung, bei der den Häusern eines Dorfes oder einer Stadt eine durchgehende Serie von Nummern zugewiesen wird. Nach Merruau findet dieses System (um 1860) in Teilen Italiens sowie in Österreich, Böhmen und Polen Anwendung.
2.) Eine quartiersweise Nummerierung, wie sie in manchen Städten vorkommt (Moskau, Wien, Augsburg, Königsberg, Paris nach 1789); interessanterweise erwähnt Merruau, dass in Wien oft zwei Nummern an den Hauswänden zu finden ist, eine für das Stadtviertel und eine andere für die Stadt. Vielleicht meint er damit einfach, dass von früheren Nummerierungsepochen noch Nummern an den Wänden vorhanden sind.
3.) Die blockweise Nummerierung, bei der der einzelne Häuserblock einen oder mehrere Buchstaben zugewiesen bekommt und innerhalb des Blocks die Häuser durchnummeriert werden. Beispiele: Karlsruhe, Mannheim, Mainz
4.) Die straßenweise Nummerierung, bei der die Nummern zunächst auf einer Straßenseite entlanglaufen, und dann die andere Straßenseite zurück (London, viele englische Städte, Berlin, Dresden, München, Düsseldorf, Pest).
5.) Das französische System mit den geraden Nummern auf einer Straßenseite, den ungeraden auf der anderen. Beispiele: Teile Londons, Manchester, Glasgow, Edinburgh, US-amerikanische Städte, Belgien, viele spanische Städte, Lisabonn, Turin, Neapel, Hamburg, Frankfurt, Warschau, Stockholm, Sankt Petersburg.
Merruau, Ch.: Rapport sur la nomenclature des rues et le numérotage des maisons de Paris. Paris: Mourgues Frères, o.D. [ca. 1860], S. 47f.
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Hausnummerierung - Di, 27. Jun. 2006, 09:51
Eines der frühesten mir bekannten Beispiele von Hausnummernfotografie - d.h. das bewusste Fotografieren von Hausnummern - initiierte 1900 die Pariser
Commission municipale du Vieux Paris. Anlässlich einer Sitzung dieser Kommission war ein schriftlicher Beitrag von einem Herrn Vial, seines Zeichen Vizepräsident der
Société historique et archéologique "Le Faubourg Saint-Antoine" vorgelesen worden, der bemerkt hatte, dass in besagter Faubourg noch einige der 1726 in den Pariser Vorstädten eingeführten Hausnummern vorhanden waren. Die Kommission beschloss daraufhin, seine Angaben zu überprüfen und sandte eine Abordnung an die von Vial genannten Adressen; und tatsächlich, an den angegebenen Orten konnten die alten, in Stein eingravierten Nummern gefunden werden: Bei 30bis rue de Charenton war dies die Nummer 6 und bei 161 rue de Charonne die Nummer 32, wobei in letzteren Fall allerdings angenommen wurde, dass die vorhandene Ausführung nicht vom ersten Versuch stammte, sondern später, nach einer Restaurierung des Portals wieder angebracht worden war. In 64 rue des Boulets fand man eine Nummer 3, in 61 rue de picpus eine in schlechten Zustand befindliche Nummer 14 und in 30 rue Basfroi eine Nummer 4. Zusätzlich zu diesen von Vial angegebenen Nummern konnten noch weitere gefunden werden, nämlich in 98 rue de Charonne eine Nummer 6, in 139 rue de Charonne eine Nummer 25 sowie in 53 rue de Picpus eine Nummer 11. Es wurde daraufhin in Auftrag gegeben, die Nummern zu fotografieren; im Anschluss an das Protokoll der Sitzung findet sich eine Aufnahme des Portals von 98 rue de Charonne mit der Nummer 6. Es wäre selbstredend interessant, nachzurecherchieren, wo die damals gemachten Aufnahmen geblieben sind; die
Commission du Vieux Paris gibt es jedenfalls immer noch.
Heute sind übrigens kaum mehr welche der 1900 gefundenen Nummern vorhanden. Auffinden konnte ich nur noch die Numero 6 in 30bis rue de Charenton, die Numero 25 in 139 rue de Charonne sowie die Nummer 32, die ursprünglich in 161 derselben Straße stand; das Portal wurde beim Abriss des Gebäudes samt Nummer neben 24 passage Courtois transferiert.
Rapport présenté par M. Lucien Lambeau, au nom de la 1re Sous-commission, sur une communication relative au numérotage des maisons, in: Commission municipale du Vieux Paris. Année 1900. Procès-Verbaux. Paris: Imprimerie municipale, 1901, S. 72–78. (Aufnahme des Portals 98 rue de Charonne mit der n° 6 nach S. 89)
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Hausnummerierung - Mo, 26. Jun. 2006, 09:21