Wichtelzopf online
Sehr schön, ich habe das ok vom Verlag eingeholt und kann nun meinen Text über den famosen Wichtelzopf online stellen:
Tantner, Anton: Wahrheitsproduktion durch „Auskampelung“. Zum Kampf gegen den Wichtelzopf, in: Scheutz, Martin/Valeš, Vlasta (Hg.): Wien und seine WienerInnen. Ein historischer Streifzug durch Wien über die Jahrhunderte. Festschrift für Karl Vocelka zum 60. Geburtstag. Wien/Köln/Weimar: Böhlau, 2008, S. 221-233.
Bitte auch die Verlags-Info beachten; hier nochmals das Abstract zu meinem Text:
Als direkte Folge der 1770 in Schlesien durchgeführten Seelenkonskription wird in diesem Land eine seltsam anmutende Kommission engerichtet, die die schöne Bezeichnung trägt „In Betreff der gepflogenen Untersuchung jener Personen, so mit dem sogenannten Plica Polonica, oder der Krankheit des Wichtelzopfes behaftet zu seyn angegeben worden“. Bei diesem „Wichtelzopf“ handelt es sich um eine vermeintliche Krankheit, auf die die an der „Seelenbeschreibung“ beteiligten Militär gestoßen waren, als sie im Zuge ihrer Arbeit Schlesien bereisten.
Aufgabe dieser aus Militärs, Zivilbeamten und kundigen Ärzten zusammengesetzten Kommission ist es, die „Grund-Ursachen“, die „Ursprünge“ des Übels zu erforschen sowie Heilmittel dagegen vorzuschlagen. In der Folge werden im ganzen Land die Kranken – Menschen mit „verworrenen Haaren“ – aufgesucht, manche von ihnen mit militärischer Eskorte nach Troppau überstellt. Bei der nun vorgenommenen Untersuchung wird zwischen „wahren und unächten Wichtel-Zöpfen“ unterschieden, bei ersteren seien auch die Haarwurzeln feucht, während letztere künstlich hergestellt seien, durch Einschmieren von geweihtem Öl und Wein in das Haar, mit dem Ziel, sich dadurch vor Krankheiten zu schützen. Gefunden wird der wahre Wichtelzopf nie, bei den der Kommission vorgeführten Personen läßt sich nur der „falsche“ Wichtel attestieren. Die Kommissionsmitglieder kaufen daraufhin das ihnen adäquat erscheinende Heilungsmittel an – „einige Kampel“ – und bringen es um so „begieriger“ zum Einsatz, je eher dadurch die Wahrheit über das Falsche an das Tageslicht gebracht werden kann. Sie haben Erfolg, die Krankheit wird geheilt, so manch ein Patient kann „freudenvoll nacher Haus“ zurückkehren. Das angelegte Protokoll wird nach Wien eingeschickt und im Staatsrat der Kaiserin vorgelegt, „womit also diese WichtelZopfs-Angelegenheit seine Endschaft erreichte, und die fällige Kommission geendiget wurde“.
Tantner, Anton: Wahrheitsproduktion durch „Auskampelung“. Zum Kampf gegen den Wichtelzopf, in: Scheutz, Martin/Valeš, Vlasta (Hg.): Wien und seine WienerInnen. Ein historischer Streifzug durch Wien über die Jahrhunderte. Festschrift für Karl Vocelka zum 60. Geburtstag. Wien/Köln/Weimar: Böhlau, 2008, S. 221-233.
Bitte auch die Verlags-Info beachten; hier nochmals das Abstract zu meinem Text:
Als direkte Folge der 1770 in Schlesien durchgeführten Seelenkonskription wird in diesem Land eine seltsam anmutende Kommission engerichtet, die die schöne Bezeichnung trägt „In Betreff der gepflogenen Untersuchung jener Personen, so mit dem sogenannten Plica Polonica, oder der Krankheit des Wichtelzopfes behaftet zu seyn angegeben worden“. Bei diesem „Wichtelzopf“ handelt es sich um eine vermeintliche Krankheit, auf die die an der „Seelenbeschreibung“ beteiligten Militär gestoßen waren, als sie im Zuge ihrer Arbeit Schlesien bereisten.
Aufgabe dieser aus Militärs, Zivilbeamten und kundigen Ärzten zusammengesetzten Kommission ist es, die „Grund-Ursachen“, die „Ursprünge“ des Übels zu erforschen sowie Heilmittel dagegen vorzuschlagen. In der Folge werden im ganzen Land die Kranken – Menschen mit „verworrenen Haaren“ – aufgesucht, manche von ihnen mit militärischer Eskorte nach Troppau überstellt. Bei der nun vorgenommenen Untersuchung wird zwischen „wahren und unächten Wichtel-Zöpfen“ unterschieden, bei ersteren seien auch die Haarwurzeln feucht, während letztere künstlich hergestellt seien, durch Einschmieren von geweihtem Öl und Wein in das Haar, mit dem Ziel, sich dadurch vor Krankheiten zu schützen. Gefunden wird der wahre Wichtelzopf nie, bei den der Kommission vorgeführten Personen läßt sich nur der „falsche“ Wichtel attestieren. Die Kommissionsmitglieder kaufen daraufhin das ihnen adäquat erscheinende Heilungsmittel an – „einige Kampel“ – und bringen es um so „begieriger“ zum Einsatz, je eher dadurch die Wahrheit über das Falsche an das Tageslicht gebracht werden kann. Sie haben Erfolg, die Krankheit wird geheilt, so manch ein Patient kann „freudenvoll nacher Haus“ zurückkehren. Das angelegte Protokoll wird nach Wien eingeschickt und im Staatsrat der Kaiserin vorgelegt, „womit also diese WichtelZopfs-Angelegenheit seine Endschaft erreichte, und die fällige Kommission geendiget wurde“.
adresscomptoir -
Aufklaerung_Romantik - Di, 1. Jul. 2008, 12:46