Call for Papers „Schleppen“, schleusen, helfen. Flucht zwischen Rettung und Ausbeutung
Interessanter Call for Papers der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (noch nicht online auf der Homepage):
Call for Papers
„Schleppen“, schleusen, helfen. Flucht zwischen Rettung und Ausbeutung
Grundkonzept und wissenschaftliche Gesamtkoordination: Dr. Gabriele Anderl
Organisationsteam: Dr. Gabriele Anderl, Dr. Edda Engelke, Mag. Simon Usaty
Beirat:
ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Albrich
Elias Bierdel
Dr. Espérance-François Bulayumi
Mag. Julia Edthofer
ao. Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell
Dr. Edith Hessenberger
Dr. Konstantin Kaiser
MMag. Michael Kasper
Dr. Stefan Keller
René Korotin
Dr. Herbert Langthaler
Dr. Hanno Loewy
Dr. Irene Messinger
ao. Univ.-Prof. Dr. Christoph Reinprecht
Univ.-Prof. Dr. Sieglinde Rosenberger
Ein Symposium der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (öge, Präsident:
ao. Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell) in Kooperation mit folgenden Institutionen:
Afro-Asiatisches Institut Wien
asylkoordination Österreich
borderline europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V. Berlin
CLIO Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit
Forschungsgruppe [KriMi] Kritische Migrationsforschung
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien
Institut für Soziologie der Universität Wien
Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck
Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien
Paul Grüninger Stiftung
Einmalige oder mehrfache illegale Grenzüberschreitungen waren im Kontext der Fluchtbewegungen der Jahre 1933 – 1945 wesentlich häufiger als vielfach angenommen.
Diese Form des Grenzübertritts und andere nicht gesetzeskonforme Praktiken wie das Fälschen von Visa oder Dokumenten erwiesen sich vielfach als lebensrettend, auch wenn bereits damals die Beteiligten – Verfolgte wie Helferinnen und Helfer – oft in undifferenzierter Weise kriminalisiert
wurden. Es ging dabei vor allem um die (versuchte) Einreise in potentielle Transit- und Zufluchtsländer, aber auch um die Flucht aus dem Deutschen Reich, besonders nach dem Ende der Vertreibungsphase und dem Verbot der jüdischen Auswanderung 1941.
Ohne die Zuhilfenahme der erwähnten Methoden wäre die Bilanz der Shoah-Opfer bzw. der sonstigen Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung noch wesentlich höher ausgefallen als ohnedies der Fall.
Auch in der Nachkriegszeit war das Thema von Bedeutung. Nun ging es beispielsweise, organisiert von der Untergrundbewegung „Brichah“, um das Schleusen von jüdischen „Displaced Persons“ aus Europa in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina oder später um die Flucht von Menschen aus verschiedenen Ländern des Ostblocks.
Heute ist das Thema angesichts der immer rigoroseren Abwehrmaßnahmen, die zur Sicherung der „Festung Europa“ ergriffen werden, brisanter denn je. Das haben zuletzt die Diskussionen um die Flüchtlinge aus der Wiener Votivkirche und die zahllosen im Mittelmeer ertrunkenen Bootsflüchtlinge gezeigt. Politik und Medien beschäftigten sich vielfach höchst undifferenziert mit dem Phänomen „Schlepperei“, wobei sich die Energien auf die Bekämpfung dieses Symptoms einer verfehlten Asyl- und Zuwanderungspolitik konzentrieren und einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Ursachen und der Suche nach konstruktiven Lösungen aus dem Weg gegangen wird. So wäre etwa auch die Frage zu stellen, inwieweit der in der Genfer Konvention definierte Flüchtlingsbegriff den heutigen weltweiten Krisen- und Bedrohungsszenarien noch angemessen ist.
Zur Zeit der NS-Herrschaft hatte die Abschottung der meisten potentiellen Zufluchtsländer einen enormen Anstieg der illegalen Fluchtbewegungen zur Folge gehabt. Ähnlich sind heute die Möglichkeiten für Flüchtlinge, auf legalem Weg nach Österreich und in andere europäische Länder zu gelangen, äußerst begrenzt, da durch das Dublin-II-Abkommen die Bewältigung des Flüchtlingszustroms vor allem an die Staaten an den Rändern der EU delegiert wird. Dies und die Tatsache, dass die Asylgesetzgebung seit den 1990er Jahren sukzessive verschärft worden ist und die Anerkennungsquoten rückläufig sind, hat dazu geführt, dass von Flüchtlingen immer häufiger die Form der illegalen (irregulären) Einreise in die EU und eben auch nach Österreich, selbst unter größter Lebensgefahr, gewählt wird.
Die geplante interdisziplinäre Tagung soll sich mit den Themen Fluchthilfe und „Schlepperei” in Vergangenheit und Gegenwart beschäftigen, wobei der Fokus auf der Zeit nach 1933 liegen wird. Der Rettung von Menschen, die während der NS-Zeit aus rassistischen und / oder politischen Gründen verfolgt wurden und ihr Leben durch unerlaubtes Überwinden von Grenzen retten konnten, sowie der Bedeutung des Phänomens in der Gegenwart und dem gesellschaftspolitischen Umgang damit soll besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Dabei kann es sowohl um die illegale Einreise in Zufluchts- und Transitländer als auch um die illegale Flucht aus verschiedenen Ländern gehen. Nach Möglichkeit sollte auch ein Bezug zu Österreich und dessen Grenzen beziehungsweise zu aus Österreich stammenden Flüchtlingen oder, wenn es um die Gegenwart geht, zu den Außengrenzen der EU bzw. den Grenzen innerhalb der EU bestehen. Rückgriffe auf frühere Perioden sind grundsätzlich möglich, sofern sie sich in den Gesamtkontext der Veranstaltung sinnvoll einbinden lassen.
Inhaltlich soll es um folgende Schwerpunkte gehen:
- Formen und Phasen der illegalen Fluchtbewegungen im jeweiligen historischen und politischen Kontext
- Fluchtrouten, Netzwerke der Fluchthilfe
- Biographien und Motive von „Schlepperinnen“ und „Schleppern“ bzw. Fluchthelferinnen und Fluchthelfern, das Spannungsfeld zwischen Hilfeleistung / Menschenrettung auf der einen und Ausbeutung / Kriminalität auf der anderen Seite
- die spätere Rehabilitierung von Fluchthelferinnen und Fluchthelfern
- Erfahrungen von „Geschleppten“
- die Involvierung politischer, konfessioneller und sonstiger Organisationen und Gruppierungen, Hilfeleistungen seitens der Bevölkerung, aber auch Verrat und Denunziation
- Strafverfolgung, Internierung und Abschiebung nach illegaler Einreise und andere Abwehrmaßnahmen der potentiellen Zufluchts- und Transitländer, einschlägige Gesetze und die Organisation von Grenzschutz
- Politische Diskurse zum Thema „Schlepperei“ in Vergangenheit und Gegenwart sowie Fragen des Sprachgebrauchs (Suche nach einer adäquaten Terminologie, mögliche Alternativen zu den Begriffen „Schlepper“ und „illegal“).
Der Call richtet sich in erster Linie an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen, doch können auch Beiträge von Journalistinnen und Journalisten sowie in der
praktischen Flüchtlingsarbeit tätigen Personen in einem gewissen Ausmaß berücksichtigt werden.
Die Tagungssprache ist Deutsch, Referate auf Englisch sind jedoch möglich.
Zudem ist an ein Rahmenprogramm, etwa in Form von Diskussionsveranstaltungen sowie einem Filmschwerpunkt zum Thema, gedacht.
Die eingereichten Papers sollten ein bis maximal zwei A4-Seiten lang sein und können auf Deutsch oder Englisch verfasst werden. Dem Abstract ist ein knapper Lebenslauf beizufügen.
Voraussichtlicher Tagungstermin: Montag, 13. bis Mittwoch, 15. Oktober 2014
Einreichschluss ist der 15. März 2014
Die Vorschläge sind zu richten an s.usaty@exilforschung.ac.at
Österreichische Gesellschaft für Exilforschung (öge) / A-1020 Wien Engerthstr. 204/40
Tel. +43 (0)699/1093 34 11 / s.usaty@exilforschung.ac.at / http://www.exilforschung.ac.at
Call for Papers
„Schleppen“, schleusen, helfen. Flucht zwischen Rettung und Ausbeutung
Grundkonzept und wissenschaftliche Gesamtkoordination: Dr. Gabriele Anderl
Organisationsteam: Dr. Gabriele Anderl, Dr. Edda Engelke, Mag. Simon Usaty
Beirat:
ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Albrich
Elias Bierdel
Dr. Espérance-François Bulayumi
Mag. Julia Edthofer
ao. Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell
Dr. Edith Hessenberger
Dr. Konstantin Kaiser
MMag. Michael Kasper
Dr. Stefan Keller
René Korotin
Dr. Herbert Langthaler
Dr. Hanno Loewy
Dr. Irene Messinger
ao. Univ.-Prof. Dr. Christoph Reinprecht
Univ.-Prof. Dr. Sieglinde Rosenberger
Ein Symposium der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (öge, Präsident:
ao. Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell) in Kooperation mit folgenden Institutionen:
Afro-Asiatisches Institut Wien
asylkoordination Österreich
borderline europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V. Berlin
CLIO Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit
Forschungsgruppe [KriMi] Kritische Migrationsforschung
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien
Institut für Soziologie der Universität Wien
Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck
Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien
Paul Grüninger Stiftung
Einmalige oder mehrfache illegale Grenzüberschreitungen waren im Kontext der Fluchtbewegungen der Jahre 1933 – 1945 wesentlich häufiger als vielfach angenommen.
Diese Form des Grenzübertritts und andere nicht gesetzeskonforme Praktiken wie das Fälschen von Visa oder Dokumenten erwiesen sich vielfach als lebensrettend, auch wenn bereits damals die Beteiligten – Verfolgte wie Helferinnen und Helfer – oft in undifferenzierter Weise kriminalisiert
wurden. Es ging dabei vor allem um die (versuchte) Einreise in potentielle Transit- und Zufluchtsländer, aber auch um die Flucht aus dem Deutschen Reich, besonders nach dem Ende der Vertreibungsphase und dem Verbot der jüdischen Auswanderung 1941.
Ohne die Zuhilfenahme der erwähnten Methoden wäre die Bilanz der Shoah-Opfer bzw. der sonstigen Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung noch wesentlich höher ausgefallen als ohnedies der Fall.
Auch in der Nachkriegszeit war das Thema von Bedeutung. Nun ging es beispielsweise, organisiert von der Untergrundbewegung „Brichah“, um das Schleusen von jüdischen „Displaced Persons“ aus Europa in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina oder später um die Flucht von Menschen aus verschiedenen Ländern des Ostblocks.
Heute ist das Thema angesichts der immer rigoroseren Abwehrmaßnahmen, die zur Sicherung der „Festung Europa“ ergriffen werden, brisanter denn je. Das haben zuletzt die Diskussionen um die Flüchtlinge aus der Wiener Votivkirche und die zahllosen im Mittelmeer ertrunkenen Bootsflüchtlinge gezeigt. Politik und Medien beschäftigten sich vielfach höchst undifferenziert mit dem Phänomen „Schlepperei“, wobei sich die Energien auf die Bekämpfung dieses Symptoms einer verfehlten Asyl- und Zuwanderungspolitik konzentrieren und einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Ursachen und der Suche nach konstruktiven Lösungen aus dem Weg gegangen wird. So wäre etwa auch die Frage zu stellen, inwieweit der in der Genfer Konvention definierte Flüchtlingsbegriff den heutigen weltweiten Krisen- und Bedrohungsszenarien noch angemessen ist.
Zur Zeit der NS-Herrschaft hatte die Abschottung der meisten potentiellen Zufluchtsländer einen enormen Anstieg der illegalen Fluchtbewegungen zur Folge gehabt. Ähnlich sind heute die Möglichkeiten für Flüchtlinge, auf legalem Weg nach Österreich und in andere europäische Länder zu gelangen, äußerst begrenzt, da durch das Dublin-II-Abkommen die Bewältigung des Flüchtlingszustroms vor allem an die Staaten an den Rändern der EU delegiert wird. Dies und die Tatsache, dass die Asylgesetzgebung seit den 1990er Jahren sukzessive verschärft worden ist und die Anerkennungsquoten rückläufig sind, hat dazu geführt, dass von Flüchtlingen immer häufiger die Form der illegalen (irregulären) Einreise in die EU und eben auch nach Österreich, selbst unter größter Lebensgefahr, gewählt wird.
Die geplante interdisziplinäre Tagung soll sich mit den Themen Fluchthilfe und „Schlepperei” in Vergangenheit und Gegenwart beschäftigen, wobei der Fokus auf der Zeit nach 1933 liegen wird. Der Rettung von Menschen, die während der NS-Zeit aus rassistischen und / oder politischen Gründen verfolgt wurden und ihr Leben durch unerlaubtes Überwinden von Grenzen retten konnten, sowie der Bedeutung des Phänomens in der Gegenwart und dem gesellschaftspolitischen Umgang damit soll besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Dabei kann es sowohl um die illegale Einreise in Zufluchts- und Transitländer als auch um die illegale Flucht aus verschiedenen Ländern gehen. Nach Möglichkeit sollte auch ein Bezug zu Österreich und dessen Grenzen beziehungsweise zu aus Österreich stammenden Flüchtlingen oder, wenn es um die Gegenwart geht, zu den Außengrenzen der EU bzw. den Grenzen innerhalb der EU bestehen. Rückgriffe auf frühere Perioden sind grundsätzlich möglich, sofern sie sich in den Gesamtkontext der Veranstaltung sinnvoll einbinden lassen.
Inhaltlich soll es um folgende Schwerpunkte gehen:
- Formen und Phasen der illegalen Fluchtbewegungen im jeweiligen historischen und politischen Kontext
- Fluchtrouten, Netzwerke der Fluchthilfe
- Biographien und Motive von „Schlepperinnen“ und „Schleppern“ bzw. Fluchthelferinnen und Fluchthelfern, das Spannungsfeld zwischen Hilfeleistung / Menschenrettung auf der einen und Ausbeutung / Kriminalität auf der anderen Seite
- die spätere Rehabilitierung von Fluchthelferinnen und Fluchthelfern
- Erfahrungen von „Geschleppten“
- die Involvierung politischer, konfessioneller und sonstiger Organisationen und Gruppierungen, Hilfeleistungen seitens der Bevölkerung, aber auch Verrat und Denunziation
- Strafverfolgung, Internierung und Abschiebung nach illegaler Einreise und andere Abwehrmaßnahmen der potentiellen Zufluchts- und Transitländer, einschlägige Gesetze und die Organisation von Grenzschutz
- Politische Diskurse zum Thema „Schlepperei“ in Vergangenheit und Gegenwart sowie Fragen des Sprachgebrauchs (Suche nach einer adäquaten Terminologie, mögliche Alternativen zu den Begriffen „Schlepper“ und „illegal“).
Der Call richtet sich in erster Linie an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen, doch können auch Beiträge von Journalistinnen und Journalisten sowie in der
praktischen Flüchtlingsarbeit tätigen Personen in einem gewissen Ausmaß berücksichtigt werden.
Die Tagungssprache ist Deutsch, Referate auf Englisch sind jedoch möglich.
Zudem ist an ein Rahmenprogramm, etwa in Form von Diskussionsveranstaltungen sowie einem Filmschwerpunkt zum Thema, gedacht.
Die eingereichten Papers sollten ein bis maximal zwei A4-Seiten lang sein und können auf Deutsch oder Englisch verfasst werden. Dem Abstract ist ein knapper Lebenslauf beizufügen.
Voraussichtlicher Tagungstermin: Montag, 13. bis Mittwoch, 15. Oktober 2014
Einreichschluss ist der 15. März 2014
Die Vorschläge sind zu richten an s.usaty@exilforschung.ac.at
Österreichische Gesellschaft für Exilforschung (öge) / A-1020 Wien Engerthstr. 204/40
Tel. +43 (0)699/1093 34 11 / s.usaty@exilforschung.ac.at / http://www.exilforschung.ac.at
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Kontrolle - Mo, 6. Jan. 2014, 19:53