Zur Bedeutung der Musicbox
Darüber bin ich mal wieder gestolpert: Ein 1994 an eher entlegener Stelle (ich weiss nicht mehr, ob die Auflage überhaupt zweistellig war) veröffentlichter Text zur Musicbox, gewissermaßen als Nachtrag zu den Nachrufen auf Werner Geier.
Tantner, Anton: Zur Bedeutung der Music-Box, in: Festschrift für Ulrike Krampl. Zur Sponsion. Hg. von Dabringer, Gerhard/ Schweitzer, Sabine/ Tantner, Anton. Wien: Copy-Shop Vervielfältigung, Dezember 1994, S. 32.
Daß das in der Schule gelehrte Wissen für das Leben fast nutzlos ist, braucht nicht extra erwähnt zu werden. Daß es auch für das Überleben an der Uni kaum verwertbar ist, fällt spätestens in der Schlange beim Immatrikulationsschalter auf.
Woher kommt also jenes nützliche Wissen, dem es zu verdanken ist, daß Interessen und Fragestellungen schon am Beginn des Studiums vorhanden sind und nicht erst qualvoll bei der Wahl des Diplomarbeitsthemas erfunden werden müssen?
Eine jener verdienstvollen Einrichtungen war während der Oberstufe (und ist tw. noch heute) die Music-Box, die damals jeden Nachmittag ab 15.05 Uhr geballte Ladungen an hochwertiger Information ins Schülerhirn knallte. Da wurden Splatter-Movies vorgestellt, wurde von Baustellenbesetzungen und Laibach-Konzerten berichtet, lernte man Namen wie Billy Bragg oder Siouxsie and the Banshees buchstabieren; man begleitete Michael Schrott auf seiner Italienreise und hörte Beiträge über Jim Thompson, Antonin Artaud und Radio Alice. Den Basiswiderspruch Punk vs. Hippies bekam man auch mit. Unvergesslich die Sendung über den während der NS-Herrschaft angelegten und von der Republik mit Freude übernommenen Truppenübungsplatz Allentsteig - den größten Mitteleuropas - und dessen ehemalige BewohnerInnen. Die alljährlichen Familienfeiern zu Weihnachten erhielten eine neue Qualität, als man erfuhr, daß es sich bei "O Tannenbaum" in Wirklichkeit um ein englisches Arbeiterlied handelt, wo zur selben Melodie statt "wie grün sind doch deine Blätter" "we'll keep the red flag flying here" gesungen wird. Und schließlich lernte man auch, daß es Anfang der 70er Jahre eine echte Neuerung war, Gitarren-Soli stoisch ruhig anstelle mit weltschmerzverzerrtem Gesicht zu spielen. Kurz, es waren die ersten grundlegenden Lektionen in Geschichte, die man an jenen Nachmittagen besuchte, ganz privat, während des Schreibens der Hausübungen.
Tantner, Anton: Zur Bedeutung der Music-Box, in: Festschrift für Ulrike Krampl. Zur Sponsion. Hg. von Dabringer, Gerhard/ Schweitzer, Sabine/ Tantner, Anton. Wien: Copy-Shop Vervielfältigung, Dezember 1994, S. 32.
Daß das in der Schule gelehrte Wissen für das Leben fast nutzlos ist, braucht nicht extra erwähnt zu werden. Daß es auch für das Überleben an der Uni kaum verwertbar ist, fällt spätestens in der Schlange beim Immatrikulationsschalter auf.
Woher kommt also jenes nützliche Wissen, dem es zu verdanken ist, daß Interessen und Fragestellungen schon am Beginn des Studiums vorhanden sind und nicht erst qualvoll bei der Wahl des Diplomarbeitsthemas erfunden werden müssen?
Eine jener verdienstvollen Einrichtungen war während der Oberstufe (und ist tw. noch heute) die Music-Box, die damals jeden Nachmittag ab 15.05 Uhr geballte Ladungen an hochwertiger Information ins Schülerhirn knallte. Da wurden Splatter-Movies vorgestellt, wurde von Baustellenbesetzungen und Laibach-Konzerten berichtet, lernte man Namen wie Billy Bragg oder Siouxsie and the Banshees buchstabieren; man begleitete Michael Schrott auf seiner Italienreise und hörte Beiträge über Jim Thompson, Antonin Artaud und Radio Alice. Den Basiswiderspruch Punk vs. Hippies bekam man auch mit. Unvergesslich die Sendung über den während der NS-Herrschaft angelegten und von der Republik mit Freude übernommenen Truppenübungsplatz Allentsteig - den größten Mitteleuropas - und dessen ehemalige BewohnerInnen. Die alljährlichen Familienfeiern zu Weihnachten erhielten eine neue Qualität, als man erfuhr, daß es sich bei "O Tannenbaum" in Wirklichkeit um ein englisches Arbeiterlied handelt, wo zur selben Melodie statt "wie grün sind doch deine Blätter" "we'll keep the red flag flying here" gesungen wird. Und schließlich lernte man auch, daß es Anfang der 70er Jahre eine echte Neuerung war, Gitarren-Soli stoisch ruhig anstelle mit weltschmerzverzerrtem Gesicht zu spielen. Kurz, es waren die ersten grundlegenden Lektionen in Geschichte, die man an jenen Nachmittagen besuchte, ganz privat, während des Schreibens der Hausübungen.
adresscomptoir -
Oesterreich - Mo, 7. Apr. 2008, 09:00